Mit dem Rad Stuhrs Babywaldtour entdecken

Herbstausflug: Radtour in Stuhr, Landkreis Diepholz

Kurzer Exkurs über Babywälder, für alle, die nicht wissen, was es damit auf sich hat: In unserer Geburtsgemeinde (Stuhr, Niedersachsen) wird jedes Jahr im Herbst ein kleiner Abschnitt mit neuen Bäumen bepflanzt, für den Familien ihre im letzten Jahr geborenen Kinder anmelden können. Ein Kind, ein Baum. Seit 1982 sind so über 28 Hektar Land mit über 5.000 Bäumen neu bewaldet worden. Eine Initiative, die auch in den letzten Jahren noch äußerst beliebt war.


Mann pflanzt Baum
Mareikes Baum, 1989

Ich erinnere mich daran in meiner Kindheit öfter „meinen“ Baum besucht zu haben. Doch seit ich erwachsen war, hatte ich den Wald nicht mehr besucht – bis zu diesem Jahr, denn 2020 war ja alles anders. Nachdem Insa und ich im Frühjahr schon einmal dieselbe Radtour mit etwa 40 km durch die Stuhrer Gemeinde abgefahren waren – Corona machte uns zu fleißigen Erforschern unserer eigenen Gemeinde – und „unseren Babywald“ gesucht und dann besucht hatten, wollten wir unsere Bäume noch einmal im Herbst anschauen.

Die Stuhrer Babywaldtour führt an teilweise schönen, geteerten Straßen und auf teilweise eher weniger für Fahrräder geeigneten Wegen einmal durch die gesamte Gemeinde an allen Babywäldern vorbei, die seit den 80ern hier entstanden waren. Die zwei Feldwege, auf denen man auf Rasen mehr oder eben weniger gut fährt, sind jedoch recht kurz und führen direkt an zwei Wäldern vorbei, die anders nicht zu erreichen sind. Also definitiv kein Grund diese Tour nicht nachzufahren.

Informationsschild zum Babywald
Ein Babywald entlang der Strecke

Mit dem Jahrgang 1989 haben Insa und ich beide Bäume, die schon über 30 Jahre alt sind: im gleichen Waldabschnitt gepflanzt, habe ich eine Linde, Insa einen Ahorn.

Aber zunächst mussten wir dorthin kommen. Wir trafen uns also in Seckenhausen, da es für uns beide dorthin am kürzesten war an diesem Tag. Bei einem Rundkurs ist es netterweise auch vollkommen unerheblich, wo man diesen startet. Das Wetter war okay, herbstlich grau, aber einigermaßen trocken und nicht sehr windig, wofür ich auf Fahrradtouren immer am meisten dankbar bin. Besonders hier im Norden.


  1. Teilstrecke: Seckenhausen – Wulfhoop – Neukrug – Heiligenrode – Bürstel – Eggese – Groß Mackenstedt – Varrel

Also auf die Räder und los. Die ungefähre Strecke war uns noch aus dem Frühjahr bekannt und so fanden wir auch immer schnell die Wegweiser, um diesen zu folgen.

Wegweiser Babywaldtour in Stuhr
Immer hinterher…

Keine 15 Minuten später kamen wir an unserem Babywaldabschnitt an. Letztes Mal hatten wir recht lange Zeit damit zugebracht unsere Bäume mithilfe der 30 Jahre alten Pflanzkarten zu finden (so oder so ähnlich muss sich Indiana Jones auf einer Abenteuermission fühlen), aber nun ging es etwas schneller. Zügig kämpften wir uns durch den Busch und fanden schnell unsere Bäume, denen es wie erwartet immer noch sehr gut ging. Meine Linde war noch im Spätsommer hängen geblieben und überzeugte mit grünen Blättern, Insas Ahorn warf sein Blätterkleid schon in wunderbaren Gelbtönen ab. Wir sammelten die schönsten Blätter als Andenken.

Danach fuhren wir den Rest der Route ab, mit kurzen Pausen bei einigen schön gefärbten Wäldchen und einem der hübschen Bauernhäuser am Wegesrand. Herbst ist eine wunderbare Zeit, um sich Bäume anzuschauen! In Heiligenrode passieren wir den schönen Ortskern mit restaurierter Wassermühle am Mühlteich, auf dem Skulpturen aus dem Wasser schauen.

Unsere Snackpause machten wir am Highlight der Gemeinde, dem Gut Varrel, das aus mehreren Gebäuden aus den letzten beiden Jahrhunderten besteht: Gutshaus, Wassermühle, Gutsscheune, Fachwerkscheune, Backhaus, Remise und Spritzenhaus. Heutzutage für Veranstaltungen, Konzerte und unter anderem auch unseren Abiball genutzt, kennt eigentlich jeder in der Gemeinde das nette, parkartige Gelände, in deren Nähe auch einige Babywälder angesiedelt sind. Besonders in der jetzigen Zeit ohne Veranstaltungen ist es ein ruhiger Ort, der von einer bäuerlichen Vergangenheit erzählt. Friedlich. Ein perfekter Ort für eine Pause.

Fahrrad am Gut Varrel in der Gemeinde Stuhr
Pause am Gut Varrel

  1. Teilstrecke: Varrel – Moordeich – Stuhr – Silbersee– Brinkum – Seckenhausen

Draußen sein, sich bewegen, neue Gegenden entdecken oder etwas Neues über seine Heimat lernen: Alles gute Gründe für eine Radtour! Wir fanden aber direkt noch einen weiteren Grund kurz nachdem es wieder los ging: Menschen kennen lernen. Auf dem Parkplatz des Gutes trafen wir auf ein Pärchen mit zwei Hunden. Der eine Hund war kaum zu bändigen, er wollte uns unbedingt begrüßen als wir langsam vorbeifuhren. Wir lachten und hielten an, kamen mit den beiden Herrchen ins Gespräch. Der Hund wurde geknuddelt und die beiden erzählten uns, dass sie Steine anmalten und an verschiedenen Orten in der Gemeinde versteckten – „Stuhrrocks“. Man darf sie mitnehmen oder sie an anderen Stellen wieder auswildern – was für eine wunderbare Idee! Wir bekamen direkt jeder einen Stein geschenkt – meiner passend mit einem Corona-Virusbild darauf.

Heute taten fremde Menschen uns etwas Gutes, an einem Tag im Frühjahr waren Insa und ich in unseren Einhornkostümen bei Nieselregen durch die Gemeinde gefahren und zauberten ein paar Lächeln in die Gesichter der Leute. Manchmal ist das Leben einfach.

Aussicht auf herbstlichen Laubwald und Wiesen
Herbstliche Wälder

Danach folgten wir wie geplant den Hinweisschildern, ohne noch einmal aufgehalten zu werden. Von Moordeich ging es dann aber nicht die lange Gerade durch Stuhrbaum bis nach Brinkum, die jeder Schüler aus Moordeich auswendig kennt und im Schlaf fahren kann. [Alter Schulweg – wurde auch seit seiner Erbauung 1920 (grobe Schätzung) nicht mehr erneuert und fährt sich somit ziemlich bescheiden. Kleine Kritik an der Verkehrspolitik der Gemeinde (okay, ich höre schon auf)]. Wir fuhren nämlich den Umweg über den Silbersee, den beliebtesten Badesee der Gemeinde, der zu dieser Jahreszeit natürlich nicht ganz so gut besucht war. Vereinzelnte Fußgänger mussten kurz umfahren werden, dann ging es ein letztes Mal durch Felder zurück ins Dorf.

In Brinkum machte die Strecke noch einmal einen Schlenker in den hinteren Teil des Ortes durch den Osterbruchpark, den wir beim letzten Mal tatsächlich ausgelassen hatten, weil wir so fertig gewesen waren. Falls jemand also eine kleine Motivationshilfe braucht: In einem halben Jahr sind wir so fit geworden, dass unsere Frühlingslauchkörper im Herbst nun locker 60km fahren können bei fast 20km/h Durchschnittsgeschwindigkeit auf Citybikes, die eigentlich nicht für größere Radtouren gedacht sind. Okay, an dem Tag, an dem wir die 60km so schnell fuhren, versuchten wir auch einem Gewitter davon zu fahren (es klappte tatsächlich und ist ein wunderbarer Motivator).

Die entspannte Radtour näherte sich nun dem Ende, denn kurz hinter Brinkum hatten wir uns vor etwa 2,5 Stunden getroffen, so dass dort der Rundkurs zuende ging. Herbsttage, wetterfeste Jacken und beste Gesellschaft sind ein Erfolgsgarant. Neues sehen und sportlich sein. Snacks nicht vergessen!

Unsere Gemeinde hat natürlich nicht nur diese eine Radtour zu bieten, verschiedene Hinweisschilder finden sich an vielen Kreuzungen, auch Fernradwege und immer wieder neue Bildchen, die zu neuen Touren und Entdeckungen rufen. Man muss nur seine Augen offen halten, schon entstehen neue Pläne und Ideen, denn draußen sein ist schön!

Eine ausführliche Beschreibung der Route der Babywaldtour gibt es zum Download „hier„.

Mareike

32 Jahre, aus der Nähe von Bremen.

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