Wanderung zur Gletscherhöhle in Chamonix

Von Montenvers zum Gletscher und zum Aussichtspunkt Le Signal

Anfang Oktober machte ich mit meinem Vater in sonnigem, warmem Wetter eine Wanderung in den Alpen in Frankreich. Auf etwas mehr als 6 Kilometern machten wir etwa 500 Höhenmeter und besuchten den größten Gletscher Frankreichs und einen Aussichtspunkt hoch über der Stadt.


Chamonix-Mont-Blanc liegt auf etwa 1000 Metern üNN und damit für uns Norddeutsche aus Niedersachsen höher als der höchste Berg in unserem Bundesland. Dafür liefert der Ort, ohne überhaupt einen Fuß auf einen Wanderweg setzen zu müssen, fantastische Ausblicke auf die umliegenden Berge und das Mont Blanc Massiv mit dem höchsten Berg der Alpen gleich um die Ecke.

Da mein Papa nicht mehr der jüngste ist und auch Berge nicht unbedingt jeden Tag bewandert, beschlossen wir uns einiges an Anstrengung und Zeit zu ersparen und die Zahnradbahn aus der Stadt hinauf zu dem auf etwa 1900 m hoch liegenden Montenvers zu nehmen. Vom Hang des Berges wurde die Stadt im Tal unter uns langsam kleiner, während wir immer wieder durch einen hauptsächlich mit Nadelbäumen bewachsenen Wald fuhren.

Blick auf das Tal bei Chamonix
Traumhafte Aussichten

Oben angekommen konnten wir weit ins Nachbartal von Chamonix hineinschauen, in dem der ‚Mer de Glace‘-Gletscher aus den Bergen herauskommt. Die Sonne stand direkt über dem Tal und glitzerte auf den weißen Bergspitzen. Die kühlere Luft aus dem riesigen Eis- und Schneemeer rund um den Mont Blanc wurde so erträglich warm.

Wir besuchten auf dem Weg hinunter zum Gletscher, den man hier oben nur erahnen konnte, noch ein kleines Museum über Bergkristalle und wanderten dann auf dem sonnigen Weg hinab zur Talstation einer kleinen Seilbahn, die aber schon für die Nebensaison geschlossen hatte. Ebenso wie die Gletscherhöhle, wie uns am Ticketschalter der Zahnradbahn gesagt worden war. Schade.

Ein kleiner Schritt über eine halbherzige Absperrung und schon waren wir auf einem künstlichen Weg aus Metallplattformen, die an die glattgeschliffenen Felsen gebaut worden waren. Sie führten nun noch einmal knapp 100 Höhenmeter hinunter zum eigentlichen Gletscher, der hier vor 200 Jahren noch das ganze Tal ausgefüllt hatte und dem Gletscher seinen Namen gegeben hatte: Eismeer. Goethe hatte wie viele andere Künstler dieses Naturschauspiel besucht und dazu gesagt: „Was für eine Hingabe an dieses Schauspiel aus Eis!“

Für uns waren nur noch Tafeln an den Felsen vorhanden, die uns darüber informierten in welchem Jahr der Gletscher noch bis zu dieser Höhe gereicht hatte. Es war erschreckend. Die Abstände der Jahre wurden immer kleiner zu der Menge an Eis, das verloren ging.

Ganz unten in dem tief ausgehöhlten Tal lag dann der von Kies und Steinen halb vergrabene Rest der Gletscherzunge und die beiden Höhlen, die in die Flanke des Eises gegraben worden waren, lagen vor uns. Um die Stabilität des Eises im Sommer zu gewährleisten, waren auf das Eis weiße Decken gelegt worden, die die Sonnenstrahlen reflektierten und so ein übermäßiges Abschmelzen an dieser Stelle verhinderten. Dass dies tatsächlich half, konnte man an der letztjährigen Höhle sehen, die als kleiner Buckel aus dem sonst recht einheitlichen Eis herauswuchs.

Als wir näherkamen, begrüßte uns das stetige Tropfen von abschmelzendem Eis. Dunkelblau schimmerte es, im vorderen, helleren Bereich war es fast durchsichtig. Was für ein unglaubliches Gefühl in einem echten Gletscher zu stehen und zu wissen, dass dieser sich um dich herum bewegt und verändert, auch wenn dies nur ganz langsam und gemächlich passiert. Die Eiswände waren glatt und ermöglichten die Sicht auf merkwürdige Formen und Luftblasen im Eis. Draußen war gleißendes Sonnenlicht und Spätsommer, hier drinnen war es kühl und dunkel.

Kurze Zeit später machten wir uns wieder auf den langen Weg nach oben – 200 Höhenmeter und ein paar Pausen, bis wir wieder an unserem Ausgangspunkt angekommen waren. Es waren nun mehr Leute unterwegs, die sich hauptsächlich um die Besucherterrassen und das Hotel mit Restaurant aufhielten. Etwas außerhalb der Gebäude lag auch noch ein kleines Gletschermuseum, das ich letztes Jahr schon einmal besucht hatte.

Wir gingen jedoch schnell weiter, denn weitere 300 Höhenmeter sollten uns zu dem Aussichtspunkt ‚Le Signal‘ bringen, der auf etwa 2200 m Höhe liegt. Noch etwas langsamer als zuvor machten wir uns auf den felsigen Weg. Auch wenn man in diesem Teil der Alpen ohne Probleme deutlich höher Wandern gehen kann, merkte man schon hier die Anstrengung der Höhe. Die Atmung wurde schwieriger und große Stufen wurden anstrengender.

Le Signal (2.204m)
Le Signal (2.204m) mit Blick auf ein paar der „Aiguilles“ (Nadeln)

Dafür machte es dann umso glücklicher oben angekommen zu sein. Ein Felsenmeer mit vielen kleinen Steintürmchen lud zum Verweilen ein und viele machten hier auf den warmen Felsen ihre Pause. Es war nun schon früher Nachmittag und die ersten Wolken zogen langsam über den Bergen auf. Sie hingen um die Gipfel herum, so dass es für uns sonnig blieb, veränderten aber den Blick auf die Berge.

Für uns ging es nun wieder den gleichen Weg hinab zum kleinen Bahnhof, damit wir die nächste Bahn wieder zurück nach Chamonix nehmen konnten. Ein langer Tag für meinen Vater, der viele tolle Fotos mit seiner Kamera schoss.


Blog-Update:

Ich war im Anfang 2022 noch weitere Male in der Gletscherhöhle, die nun nicht mehr geschlossen war. So konnte ich das Eis auch weiter in Inneren erkunden und mehr über den Gletscher lernen, denn es gab sogar Informationstafeln. Das Eis, in dem ich stand, ist ungefähr zu dem Zeitpunkt als Schnee vom Himmel gefallen, als der Mont Blanc 1786 das erste Mal bestiegen wurde.

Ein Naturschauspiel, für das man keinen Eintritt zahlen muss und das neben der eigentlich Faszination in einem Gletscher zu stehen, auch noch mit einer großen Höhle aufwartet. Eis, in das Formen geschnitzt wurden; das Tropfen des schmelzenden Eises und die Kälte, die man dort fühlt. Ein Schauspiel für viele Sinne.

Mareike

32 Jahre, aus der Nähe von Bremen.

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