Fernwanderweg Forststeig – Etappe 1

Von Schöna an die tschechische Grenze

Der Forststeig ist ein 2018 eröffneter, etwa 105 km langer Wanderweg, der durch die Wälder Sachsens und die grenznahen Gebiete der Tschechischen Republik führt. Als Trekkingroute ist er von April bis Oktober geöffnet, was bedeutet, dass zu dieser Zeit das Übernachten in Trekkinghütten und auf Bivakplätzen möglich ist.


Im Spätsommer war ich für zwei Wochen mit meinen Eltern in die Sächsische Schweiz gereist, um dort das Elbsandsteingebirge und die wunderbaren Highlights der Region kennenzulernen. Da außerdem das Wetter super werden sollte und ich eine Region immer am besten beim Wandern kennenlerne, recherchierte ich sofort mögliche Wanderungen und Routen. Zunächst stolperte ich natürlich über den berühmten Malerweg, der alle touristischen Höhepunkte in einer Wanderroute vereint und sowohl nördlich als auch südlich der Elbe verläuft. Bei der tiefergehenden Recherche merkte ich jedoch, dass es nicht möglich wäre, diesen Weg spontan nur mit Zelten zu gehen. Es gab zwar ein oder zwei Campingplätze, aber ich hätte dann immer wieder mit dem Bus dorthin zurückkommen müssen oder mir eine andere Unterkunft suchen müssen und das war irgendwie nicht meine perfekte Vorstellung einer mehrtägigen, relativ spontanen Wanderung. Boofen (Freiübernachtungsstellen in Höhlen oder unter Felsüberhänge) wären noch eine halblegale Alternative, wobei dies jedoch eigentlich Kletterern vorbehalten ist und im Nationalpark wollte ich auch nicht wildcampen. 

Also schaute ich mich nach möglichen Alternativen um und fand schnell den Forststeig, dessen nördlicher Teil sich teilweise mit dem südlichen Teil des Malerwegs überschneidet, jedoch zum großen Teil durch die weniger touristischen Gebiete in der Grenzregion führt. Was mich jedoch überzeugte war das einzigartige System, das die Organisatoren des Sachsenforsts hier etabliert hatten: Es gab Trekkinghütten und Bivakplätze, auf denen das Übernachten für eine Nacht erlaubt ist und man muss sich nicht vorher anmelden. Die Tickets werden zuvor gekauft (entweder online oder dort in der Region zum Beispiel an der Touristeninformation in Bad Schandau), sind dann zwei Jahre gültig und werden erst am Tag entwertet, wenn man sie nutzen möchte. 10 € kostet ein Ticket pro Person und Nacht. Sowohl vom Preis als auch von dem Angebot überzeugt, ging ich in die Planung.

Auf der Internetseite des Forststeigs sind schon mögliche Etappen angegeben für eine 7-tägige Tour und allen möglichen Übernachtungsmöglichkeiten auf dem Weg:

Forststeig: Etappenlängen und Höhenprofil

Ich entschied mich nach einigem hin und her für eine 6-tägige Tour und bestellte somit für 5 Übernachtungen Trekkingtickets, die schnell geliefert wurden und auch zusätzliche Informationen in Form einer Broschüre und eines Heftes enthielten. Die gesamte Route kann hier als GPX (etc.) heruntergeladen werden. Mit der abgeschlossenen Planung stieg dann auch meine Vorfreude; jetzt musste nur noch das Wetter mitspielen, aber ich hatte ja einen 2-Wochen-Zeitraum, um mir das beste Wetter herauszusuchen. 


Tag 1: Start in Schöna (19 km)

Der Forststeig ist in beide Richtungen ausgeschildert und zwar größtenteils (auf deutscher Seite) mit einem gelben Strich an Bäumen, Felsen und anderen möglichen Wegmarkierungen. Da es sich jedoch nicht um einen Rundwanderweg handelt, muss man sich für einen Startpunkt entscheiden: entweder Schöna oder Bad Schandau. Da ich es praktischer fand, später zu beliebiger Zeit in Bad Schandau zu enden, wollte ich in Schöna starten – oder genauer gesagt an der S-Bahn-Station Schöna direkt an der Elbe. Dafür fuhr ich mit der Fähre vom Zentrum Bad Schandaus zum Bahnhof, der auf der anderen Elbseite liegt, und stieg in den Zug, den ich mir herausgesucht hatte (die S-Bahn kommt aus Richtung Dresden).

Am Tag zuvor hatte es noch bis in die Nacht hinein stark geregnet und auch jetzt lag ein stürmisch grauer Himmel über den Wäldern. Die S-Bahn war recht leer, auch wenn ein paar Tageausflügler unterwegs waren und noch zwei andere Menschen mit großen Rucksäcken in Schöna ausstiegen. Ich ging direkt los die einzige Straße hinauf, die in Richtung Dorf Schöna führte. Ein Mann im Auto bot an mich mitzunehmen, aber ich musste nicht hinein in den Ort, sondern bog nach ein paar Minuten von der Kopfsteinpflasterstraße auf einen schmalen Waldweg ab. Dort stand auch schon das erste von vielen grünen Schildern, welche die Route des Forststeiges zeigten und wo man sich gerade befand. Hier fand ich dann auch die erste gelbe Markierung und grinste glücklich. Endlich ging es los.

Zunächst ging es ein gutes Stück bergauf in den von wunderschönen alten Buchen bewaldeten Hang oberhalb des Flusstales. Der Boden war weich, die Blätter raschelten und ich entfernte mich mit jedem Schritt weiter von der Zivilisation. Kurz regnete es noch einmal, aber durch das dichte Blätterdach über meinem Kopf kamen fast keine Tropfen bei mir an. Das war der letzte Regen für ein paar Tage.

Nach kurzer Zeit erreichte ich ein Schild, das besagte, dass der Forststeig hier umgeleitet wurde und der neue Pfad war etwas abenteuerlicher als der alte. Gräser und Brombeeren und kleine Büsche ragten auf den Weg und da sie durch den Regen nass waren, waren auch meine Hosen eine kurze Zeit später klitschnass. Immer wenn ich mal ein paar Minuten Ruhe hatte und meine Hose anfing zu trocknen, kam kurz darauf ein weiterer Abschnitt, für den man eigentlich eine Machete gebraucht hätte. Mit der Hand, die den Wanderstock führte, versuchte ich die nassen Gräser und Blätter wegzudrücken, mit der anderen Hand wischte ich mir die Spinnenweben aus dem Gesicht. Ich glaube ich war die erste, die an diesem Tag diesen Pfad benutzte.

Ich folgte dem Flusstal etwa 3,5 km bis zur Grenze, wo der Forststeig ins Landesinnere abbiegt und nun in etwa der Grenze zwischen Deutschland und der Tschechischen Republik folgt. Es geht durch das Gelobtbachtal, das wild und ursprünglich immer wieder seine Szenerie wechselt. Mal sprudelt das Wasser über Felsen, mal gurgelt es auf seinem Weg durch grasbewachsene Lichtungen.

Irgendwann verließ ich den Wald und kam in ein etwas offeneres Tal, durch das verschiedene Wege führten. Immer wieder kam ich auch an anderen Wegweisern vorbei und sah, dass ich bald zu meinem ersten Berg kommen sollte, dem Großen Zschirnstein. Schnell legte ich noch eine Pause ein, aß einen Apfel und ruhte meine Beine aus, die es noch nicht gewohnt waren schweres Gepäck zu tragen und irgendetwas anderes als Flachland zu durchschreiten. 

Der Zschirnstein ist 561 m hoch und wie eine Pfeilspitze geformt, die nach Süden zeigt. Entlang dieses Dreiecks fallen die Felsen steil ab oder ragen steil in den Himmel – je nachdem von wo man den Berg betrachtet. Von Süden kommend, musste ich also einmal um den Berg herum zur Nordseite, wo es durch einen dunklen Wald hinauf ging.

Ich verpasste nicht zum ersten Mal eine Abzweigung (normalerweise angekündigt durch zwei gelbe Markierungen statt einer) und landete an einer Pulverkammer, die eigentlich nicht auf meiner Route gelegen hätte. Im ganzen Gebiet des Sachsenforstes und auch in den Dörfern gibt es immer wieder kleine Infotafeln mit Dach, die über unterschiedlichste Sachen informieren. Hier die Pulverkammer:

Nach etwa 3 Stunden und 9 km seit dem Start in Schöna kam ich auf meinem ersten Berg der Route an und versuchte mich an ein paar Fotos mit Selbstauslöser bei ein paar Felsen und einem ersten Blick von oben hinunter über das grüne Bäumemeer. Die graue Wolkendecke lockerte sich langsam auf und in der nächsten halben Stunde würden sich sogar die Sonne und blauer Himmel zeigen. Da ich schon mehr als die Hälfte der heutigen Strecke geschafft hatte, beschloss ich noch einen Abstecher zum Kleinen Zschirnstein zu machen, der etwa einen Kilometer entfernt lag vom Pfad des Forststeiges. 

Und ich hatte Glück, denn als ich oben ankam, begrüßte mich Sonnenschein und die Felsen waren warm und einladend. Ich beschloss, hier meine Mittagspause zu machen. Auch der Ausblick gefiel mir etwas besser als der Blick von der großen Schwester hinunter. 

Ausblick vom Kleinen Zschirnstein…

Als ich hörte, dass andere Menschen den Weg hinauf kamen, beschloss ich, dass es Zeit wäre weiterzuziehen. Auf den Wegen rund um die beiden Gipfel hatte ich die ersten anderen Wanderer des Tages getroffen – Tagestouristen, die vom Dorf Kleingießhübel hinaufgelaufen waren. Auf Schotterwegen geht auch eine Radtour dort entlang. 

Ich ging nun schnell wieder zurück zu meinem ausgeschilderten Weg, der mich entlang der Pfeilspitze des Großen Zschirnsteins wieder in Richtung Grenze führte. Ich würde nun bis zum Tagesende keinen einzigen Menschen mehr treffen.

Der Forststeig läuft hier durch ein kleines Tal, dessen Mitte die Landesgrenze bildet und durch Grenzsteine markiert wird, die alle paar Meter mal links, mal rechts des Pfades standen. Drei Kilometer ging es auf schmalen Wegen durch grasbewachsene Flächen, ein kleiner Bach musste mehrmals übersprungen werden und auch wild wuchernde Büsche und Brombeeren ragten immer wieder auf den Weg. Das kannte ich ja schon von diesem Morgen, auch wenn die Gegend hier ganz anders aussah. Auch wurde ich diesmal nicht ganz so nass. 

Etwa 3 km folgte ich den Grenzsteinen und gelben Markierungen, bis ich zum Abzweig kam, wo es zu meiner ersten Unterkunft gehen sollte: der Grenzbaude. Um mich noch einmal richtig auszupowern, führte der Weg teilweise steil bergauf und ich murmelte unwillig vor mich hin. Ich wollte endlich ankommen und den Rucksack absetzen. Die Euphorie, nun endlich zu wandern, hatte mich durch den halben Tag getragen, aber die letzten 2 Kilometer an der Grenze hatten mich langsam geschafft. Es war nicht immer offensichtlich wo der Pfad langging, so dass ich einmal zu häufig über den Fluss sprang (und Weitsprung ist schon ohne Rucksack nicht mein Lieblingssport). Außerdem wurde ich müde, ich war lange Wanderungen gerade noch nicht gewohnt.

Aber dann kam ich endlich an der Waldhütte an, die verlassen oberhalb eines Forstweges lag. Es gab ein Feuerholzlager und eine Trenntoilette ein paar Meter vom Haus entfernt. Mehrere Picknickbänke umgaben die Trekkinghütte, die aus einem großen Gemeinschaftsraum und zwei Schlafzimmern im oberen Bereich bestand. Da ich alleine war, wusch ich mich zunächst mit dem Wasser aus einem Tank – Trinkwasser muss selbst mitgebracht werden, denn die Hütte hat weder einen Wasseranschluss noch Strom. Dann bereitete ich mir meinen Schlafplatz auf dem Boden des kleineren Zimmers und setzte mich zum Lesen und Entspannen in den Gemeinschaftsraum. Als ich schon dachte, dass ich hier allein schlafen würde, kamen noch 3 Wanderer an, die ich über die nächsten Tage immer wieder treffen würde. 

Nach knapp 19 km, 390 Höhenmetern und etwa 6,5 Stunden Gesamtzeit (Komoot) endete mein erster Wandertag auf dem Forststeig auf dem Boden einer gemütlichen Hütte. Ich war gespannt, was der nächste Tag mit sich bringen würde und freute mich schon!

Mareike

35 Jahre, aus der Nähe von Bremen.

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